Studiengangsleiter Prof. Dr. Rolf Naumann (FH Bielefeld)

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Interview zum neuen Studiengang ,Digitale Bahnsysteme‘: „Technisch auf der Höhe der Zeit“

Antworten von Studiengangsleiter Prof. Dr. Rolf Naumann, Dekan am Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik der Hochschule Bielefeld.

Die vier staatlichen Hochschulen in OWL haben den neuen Studiengang „Digitale Bahnsysteme“ auf die Schiene gesetzt. Wer hier studiert, lernt am Standort des RailCampus OWL in Minden, die Möglichkeiten von Digitalisierung und Mechatronik voll auszuschöpfen. Studiengangsleiter Prof. Dr. Rolf Naumann erklärt im folgenden Interview, was das Studium zu bieten hat und warum es für technisch Interessierte eine gute Idee ist, sich hier einzuschreiben.

Für wen ist der neuen Bachelor-Studiengang „Digitale Bahnsysteme“ das Richtige?

Besonders geeignet ist der Studiengang für junge Menschen, die Interesse an Technik haben und die die Zukunft der Mobilität mitgestalten möchten. Der Schwerpunkt in der Technik liegt dabei auf Informatik, Elektrotechnik und Maschinenbau. Wenn man sich die Module des Studiengangs ansieht, könnte man auch sagen: Es ist ein Mechatronik-Studiengang mit vielen Informatik- und Elektronikanteilen und gleichzeitig eine „Grundbesohlung“ im System Bahn. Es wird aber nicht nur Theorie vermittelt: Praktischen Anteile in Form von Projekten und Praktika sind wesentlicher Teil des Studiums. Und da spielen wir die direkte Nähe zur Bahn aus, denn was gibt es besseres als die Praxis direkt vor Ort auf dem Gelände des RailCampus OWL beziehungsweise der DB Systemtechnik in Minden zu lernen? Und es gibt weitere Unternehmen, die sich engagieren: Harting, Wago, DB Cargo und bald ganz sicher auch weitere.

Das Fort B auf dem Gelände der DB Systemtechnik in Minden könnte nach einer Renovierung den RailCampus OWL beherbergen. (Foto: Felix Hüffelmann/Hochschule Bielefeld)

Kann ich nach dem Studium nur bei einem Bahnunternehmen oder einem Zulieferer aus diesem Feld arbeiten?

Nein! Alles andere ist auch möglich. Sie können sich als ausgebildeter Ingenieur „Digitale Bahnsysteme“ auf alle Stellen im Bereich Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik bewerben und haben sicher sehr gute Berufsaussichten. Noch schöner würde ich es allerdings finden, wenn Ihnen das Studium so viel Spaß gemacht hat, dass Sie dann auch einen Master machen wollen. Hier sind wir gerade in der Vorplanung des Masterstudiengangs „Intelligente Bahnsysteme“.

Was muss technologisch passieren, damit Bahntechnologie noch moderner und nachhaltiger wird?

Die Digitalisierung ist notwendig, kann aber natürlich nicht alles leisten, denn es müssen weiterhin Züge gebaut und betrieben werden – und zwar durch Menschen und Technik, die man anfassen kann. Insbesondere die Kapazitäten stehen im Moment im Fokus. Hier kann die Digitalisierung zusammen mit der Technik einen wichtigen Beitrag leisten: beispielsweise durch autonomes Fahren, durch vorausschauende intelligente Wartung und Instandhaltung sowie durch eine intelligente Verknüpfung von Mobilitätsangeboten. Nachhaltigkeit spielt bei all diesen Themen eine wesentliche Rolle und wird immer mitgedacht – das ist mittlerweile selbstverständlich. Noch etwas ist wichtig: Heute neu angeschaffte Schienenfahrzeuge haben eine Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren. In dieser Zeit wird sich vieles verändern und verbessern. Um die Bahn moderner und nachhaltiger zu machen, müssen also auch die Bestandsfahrzeuge immer mitgedacht werden. Wir entwickeln ja nicht „auf der grünen Wiese“!

Kann die Bahn eine Schlüsselrolle für die Mobilität der Zukunft übernehmen?

Die Bahn ist im Vergleich zu den anderen Verkehrsträgern effizienter, nachhaltiger, sicherer und hat viel höhere Transportkapazitäten. Wenn der benötigte Strom klimaneutral erzeugt wird, haben wir sofort ein klimaneutrales Verkehrsmittel. Die Verfügbarkeit ist eigentlich auch sehr hoch, wenngleich es immer noch „Luft nach oben“ gibt. Diesen ganzen Vorteilen steht natürlich die Spurgebundenheit als Nachteil gegenüber. Man kann nicht mal eben abbiegen oder eine Haltestellte vor jede Haustür bauen. Hier haben Auto und Lkw Vorteile. Somit kommt es auf eine kluge Verknüpfung an, womit wir wieder bei der Digitalisierung wären.

Stimmt es, dass Sie „der“ Experte für Seitenwinduntersuchungen von Personenzügen in Deutschland sind?

„Der“ Experte ist vielleicht etwas zu viel gesagt, aber es ist richtig, dass ich das Thema Seitenwind und Nachweis der Sicherheit seit annähernd 20 Jahren auf nationaler und europäischer Ebene bearbeite und dass es nur wenige Personen gibt, die sich mit diesem Thema intensiv beschäftigen. Als Sachverständiger des Eisenbahnbundesamtes bin ich als Gutachter in viele Zulassungsprozesse von Schienenfahrzeugen eingebunden. Das ist eine sehr spannende Aufgabe! Man kann an etwas mitarbeiten, dass direkte positive Auswirkungen hat, also für mehr Sicherheit sorgt.

Mal ehrlich: Sind Sie ein Bahn-„Nerd“?

Also, ich bin kein „Pufferknutscher“ und habe zu Hause auch keine Modelleisenbahn, wenn Sie das meinen. Man muss auch kein Fan sein, um unseren neuen Studiengang gut zu finden. Da geht es einfach darum, technisch auf der Höhe der Zeit zu sein und die Möglichkeiten von Digitalisierung und Mechatronik voll auszuschöpfen im Interesse einer nachhaltigen Mobilität. Ein bisschen Bahn-Freak bin ich allerdings durchaus. Es ist einfach ein tolles technisches System mit einer langen Tradition. Da gibt es schon eine emotionale Bindung, auch durch meine langjährige Tätigkeit bei der Deutschen Bahn.


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